China und Nordkorea: Eine angespannte Allianz

China und Nordkorea: Eine angespannte Allianz

Vor Kurzem kamen auf der koreanischen Halbinsel zum wiederholten Mal Spannungen auf, als Nordkorea Anfang Januar seinen vierten Atomtest durchgeführt und am 7. Februar eine Langstreckenrakete abgefeuert hat. Trotz der Ankündigung der Vereinten Nationen vom März, weitere internationale Sanktionen zu erzwingen und den Mitgliedstaaten die Einfuhr von Eisen, Eisenerz und Kohle aus Nordkorea im Gegensatz zu „lebensnotwendigen Zwecken“ zu verbieten, feuerte das Pjöngjang-Regime Ende März wieder mehrere Raketen von seiner Ostküste ins Meer. Diese Starts können als eine deutliche Erklärung des Widerstands der Regierung unter Kim Jong-un gegen die zahlreichen Kritiken der internationalen Gemeinschaft gesehen werden. Sie zeigen auch, dass solange China nicht strikt die UN-Sanktionen, die es unterzeichnet hat, umsetzt, Nordkorea keinen Anreiz haben wird, sein Atomprogramm und die Raketentests einzustellen.

China ist etwa für 70 Prozent des nordkoreanischen Handels verantwortlich

Im Gegenzug dazu ist Pjöngjang der drittgrößte Anbieter von Kohle in China. Und obwohl Peking Unterstützung für die neu eingeführten Sanktionen gegen Nordkorea und die Eindämmung des Handels mit dem Regime in der wichtigen Grenzstadt Dandong angekündigt hat, haben andere große Händler in Chinas nordöstlichen Häfen noch keine Anweisungen von der chinesischen Regierung über die Begrenzung der Kohleimporte aus Nordkorea erhalten. In Anbetracht des Umfangs, in dem China den multilateralen Sanktionen gegen Pjöngjang in der Vergangenheit entsprochen hat, ist es jedoch unwahrscheinlich, dass solche Anweisungen jemals in absehbarer Zeit ausgestellt werden.

Seit den späten 2000er-Jahren hat Peking seine Intervention in der nordkoreanischen Wirtschaft vertieft und wurde damit zum wichtigsten ausländischen Investor des Landes, der den grenzüberschreitenden Handel durch die Rohstoffgewinnung befeuert hat. Folglich werden freundschaftliche Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf oberster Ebene gepflegt, wenn auch etwas weniger häufig unter der Herrschaft von Xi Jinping und Kim Jong-un. Die Gründe für Chinas andauernde Unterstützung für Nordkorea, anders als ihre historische Allianz seit dem Korea-Krieg, können am besten verstanden werden, wenn man den gegenwärtigen Stand der geopolitischen Kräfte der Asien-Pazifik-Region betrachtet: China ist sowohl mit Südkorea als auch mit Japan in einem Konflikt über territoriale Fragen wie die Senkaku/Diaoyu-Inseln und des Socotra-Felsen. Südkoreas enge Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und die Anwesenheit des US-Militärs auf der südlichen Halbinsel haben weitere Differenzen zwischen China und Südkorea aufgeworfen.

Keine wesentlichen bilateralen Streitpunkte

Auf der anderen Seite gibt es keine wesentlichen bilateralen Streitpunkte zwischen China und Nordkorea, abgesehen von der letzten nuklearen Entwicklung. Jedoch reicht dies über die bilateralen Beziehungen hinaus und ist im Endeffekt ein multilateraler Streit mit den Vereinigten Staaten als Nordkoreas Hauptgegner. Wie es immer Chinas Kerninteresse war, die Stabilität in der nordostasiatischen Region zu erhalten, genauso wie seine Position als dominierende Macht der Asien-Pazifik-Region zu sein, ist es sehr wahrscheinlich, dass es seine Bemühungen fortsetzt, einen Zusammenbruch des nordkoreanischen Regimes zu verhindern, während es gleichzeitig versucht, Pjöngjangs militärische Bestrebungen durch offene Kritik einzudämmen. Während jedoch die Aufrechterhaltung des Status quo eine tragfähige Lösung für die nahe Zukunft von Nordkorea und Nordostasien sein könnte, macht es Pjöngjangs zunehmende Isolation und wirtschaftliche Abhängigkeit von China unwahrscheinlich, dass es zu einer nachhaltigen Entwicklung und anschließenden Verbesserung der Lebensbedingungen der gewöhnlichen nordkoreanischen Bürger auf lange Sicht kommen könnte: Chinesische Investitionen konzentrieren sich in Nordkorea tendenziell auf Low-Cost-Ressourcen wie den Bergbau, während versäumt wird, signifikante technologische Fortschritte oder einen Kapitaltransfer zu schaffen.

Folglich birgt das Risiko eines zukünftigen wirtschaftlichen Zusammenbruchs immer noch eine Bedrohung für die Stabilität der koreanischen Halbinsel – ein Risiko, das Peking nicht unbegrenzt ignorieren kann und das es letztlich zwingt, sich selbst deutlicher gegenüber Nordkorea und der internationalen Gemeinschaft zu positionieren.

Der Artikel ist Bestandteil von IFAIR’s Kooperation mit dem Diplomatischen Magazin und erschien dort zuerst in der Ausgabe 05/2016.

© Titelbild: North Korea — Pyongyang, Arirang (Mass Games) | (stephan) (flickr.com)