IFAIR auf 11. Petersburger Dialog

IFAIR auf 11. Petersburger Dialog

Als Vorstandsmitglied von IFAIR e.V. habe ich als jüngstes Mitglied der deutschen Delegation am diesjährigen Petersburger Dialog teilgenommen. Der Petersburger Dialog fand vom 17. bis 19. Juli 2011 in Wolfsburg und Hannover statt und vereinte die wichtigsten Persönlichkeiten deutsch-russischer Beziehungen in einem Forum für gegenseitigen Austausch. Als prominente Repräsentanten beider Seiten waren u.a. Michael Gorbatschow, Prof. Dr. Udo Di Fabio, S.E. Wladimir Grinin und Botschafter Ulrich Brandenburg anwesend. Daneben nahmen zahlreiche weitere Vertreter aus den diplomatischen Diensten, Wirtschaft, deutschem Bundestag, russischer Staatsduma, Wirtschaft und Zivilgesellschaft teil. Geleitet wurde der Dialog von Ministerpräsident a.D. Lothar de Maizière sowie dem Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden der russischen Regierung Dr. Wiktor Subkow.

(c) Petersburger Dialog

Die Kernarbeit des Forums fand dabei auf den am Montag tagenden Arbeitsgruppen, die von “Rohstoffmärkten” bis zu “staatlicher Beeinflussung von Medien” zahlreiche Themen behandelten, statt. Daneben gab es Paneldiskussionen und viel Raum für informellen Austausch. Am Dienstag wurden die Ergebnisse schließlich Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Medwedew präsentiert und debattiert.

Inhaltlich zog sich die Frage der gegenseitigen Erleichterung von Visaerteilungen wie ein roter Faden durch alle Diskussionen. Angela Merkel gestand dabei mit erfrischender Offenheit ein, dass für das langsame Voranschreiten auf diesem Gebiet nicht die EU, sondern im Kern die deutsche Position verantwortlich sei. Die dabei von ihr angebrachte Begründung, die aktuellen Erschwernisse seien zur Verhinderung der Einreise von kriminiellen Gruppierungen notwendig, ist jedoch mit einiger Skepsis zu betrachten: So ist zu vermuten, dass derartige Personengruppen auch in der aktuellen Situation Mittel und Wege zur Einreise finden, während Wirtschaft, Wissenschaft und Privatpersonen gewichtige Steine in den Weg gelegt werden.

Weitere Themen waren die Notwendigkeit der gegenseitigen Anerkennung von akademischen Abschlüssen, Möglichkeiten zur Verbesserung der Unabhängigkeit russischer Medien vom Staat, der weiterhin schwierige Stand von NGOs in Russland sowie die erhöhte deutsche Nachfrage nach russischem Gas als Folge des deutschen Atomausstiegs. Die Atmosphäre am Dienstag, aber auch in den am Montag stattfindenden Arbeitsgruppen und Paneldiskussionen, habe ich dabei stets als offen und konstruktiv erlebt. Die Kritik einiger Beobachter, auf dem Petersburger Dialog würden keinerlei kritische Stimmen zu Wort kommen, kann ich daher nicht uneingeschränkt nachvollziehen: bereits in meiner Arbeitsgruppe übte ein russischer Oppositionspolitiker vehemente Kritik an der 2018 in Russland stattfindenden Fußball-Weltmeisterschaft, die er als Prestigeprojekt bezeichnete und im Angesicht gleichzeitiger sozialer Missstände vor Unfrieden in der Bevölkerung warnte. Auch die Regierungschefs beider Länder betonten auf der Abschlussveranstaltung am Dienstag nochmals, dass ein derartiges Diskussionsforum nur dann Sinn mache, wenn es Missstände ehrlich zur Sprache bringt.

Die dennoch durchweg freundliche, teils sogar freundschaftliche Atmosphäre auf dem 11. Petersburger Dialog half schließlich einem Hauptanliegen der Veranstaltung: der Bildung von Vertrauen und der Schaffung von Verständnis für die Situation des jeweils anderen. Ich freue mich, dass IFAIR dabei, neben der Kooperation mit dem Deutsch-Russischen Jugendparlament, zur Verjüngung des Dialogs beitragen konnte.

Alexander Pyka

[FAZ vom 19. Juli 2011 zum 11. Petersburger Dialog]
[Website des Petersburger Dialogs]