Deutscher Professor in die UN-Völkerrechtskommission gewählt
Im Rahmen des 6. Ausschusses der 71. Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen stand auch in diesem Jahr die Arbeit der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (International Law Commission, ILC) im Zentrum. Die 1947 von der Generalversammlung ins Leben gerufene ILC soll das in Artikel 13 der Charta der Vereinten Nationen statuierte Ziel verwirklichen, „die fortschreitende Entwicklung des Völkerrechts sowie seine Kodifizierung zu begünstigen“. Mehr als 43 Jahre nach dem Beitritt der beiden deutschen Staaten zu den Vereinten Nationen sieht sich Deutschland diesem Ziel bis heute durch eine konstruktive und intensive Zusammenarbeit mit der ILC verpflichtet.
Die diesjährige Sitzung war aber aus einem weiteren Grund eine ganz besondere: Am 3. November 2016 wurden die Mitglieder der ILC neu gewählt. Die Völkerrechtskommission setzt sich aus 34 Mitgliedern zusammen, die nach dem ILC-Statut Personen von anerkannter Kompetenz im Völkerrecht sein sollen. Das Statut sieht außerdem vor, dass die ILC insgesamt die Hauptzivilisationsformen (main forms of civilization) und die Hauptrechtssysteme der Welt repräsentieren soll. Für die Wahl konnte jeder Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen Kandidaten nominieren, über die von allen Mitgliedern in geheimer Wahl abgestimmt wurde – auf die 34 Plätze hatten sich über 49 Kandidaten beworben.
Der deutsche Kandidat, Professor Dr. Georg Nolte von der Humboldt-Universität Berlin, wurde mit der zweithöchsten Stimmzahl aller Kandidaten (167 von insgesamt 193 Stimmen) im ersten und einzigen Wahlgang in I der Generalversammlung in die ILC gewählt. Prof. Nolte war am 29. Oktober 2014 vom Bundeskabinett für diese Position nominiert worden und ist bereits seit 2007 Mitglied der ILC. Nach der erfolgreichen Wahl wird er nun für weitere fünf Jahre in der Kommission in seiner dritten Amtszeit vertreten sein (Quinquennium 2017–2021). Dieses herausragende Resultat ist Ausdruck der Wertschätzung, die sich Prof. Nolte in den letzten fast zehn Jahren aktiver Mitarbeit in der Völkerrechtskommission erworben hat – gleichzeitig aber auch ein großer Erfolg für Deutschland als Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen. Als Sonderberichterstatter konnte Prof. Nolte das Thema „Subsequent agreements and subsequent practice in relation to the interpretation of treaties“ innerhalb von nur fünf Jahren in die erste Lesung der ILC bringen und wird nun seine Arbeit fortsetzen.
Natürlich standen neben der Wahl die neun Themen im Vordergrund, welche die Völkerrechtskommission bei ihrer 68. Sitzung vom 2. Mai bis 10. Juni sowie vom 4. Juli bis 12. August 2016 in Genf behandelt hatte. In Realisierung eines beeindruckenden Arbeitspensums konnten dort die Themen „Protection of persons in the event of disasters“ in zweiter sowie „Identification of customary international law“ und das Thema von Prof. Nolte in erster Lesung abgeschlossen werden. Historisch gehen viele bedeutende internationale Konventionen, die heute zum Fundament des Völkerrechts gehören, auf die Vorarbeiten der Kommission zurück. In vielen anderen Fällen sind die Ausarbeitungen der ILC als geltendes Völkergewohnheitsrecht anerkannt. Sie haben damit einen entscheidenden Wert für die Kodifizierung und Entwicklung des Völkerrechts – ganz im Sinne des Auftrags der Kommission.
Deutschland hat im 6. Ausschuss der Generalversammlung in diesem Jahr Stellungnahmen zu fünf der aktuell von der ILC behandelten Themen abgegeben, die auf der Website der Vereinten Nationen abgerufen werden können: Neben den drei bereits genannten auch zum Thema „Crimes against humanity“ und „Immunity of State officials from foreign criminal jurisdiction“. 2017 wird für die Kommission schließlich ein besonderes Jahr: Sie feiert dann ihr 70-jähriges Jubiläum.
Dieser Artikel erschien in der Januar-Ausgabe des Diplomatischen Magazins.