Gewalt gegen ausländische Journalisten in China – eine neue Dimension?
Es ist ein Thema, das in den aktuellen medialen Wirren um die Dissertation ehemaliger Verteidigungsminister und die international auf Nordafrika fokussierte Aufmerksamkeit fast unterzugehen scheint: Ausländische Korrespondenten wurden beim Versuch der Berichterstattung über aufkommende Proteste in China “brutal zusammengeschlagen”. Agenten in zivil schlugen den Journalisten Steve Engle von Bloomberg News auf der belebten chinesischen Einkaufsstraße Wangfujing ins Gesicht und traten ihn, während er bereits am Boden lag [SZ-Artikel: China erklärt Reporter zu Freiwild].
Obgleich diese Reaktion der chinesischen Administration erfahrene Beobachter wohl nicht völlig überraschend trifft, so hat sie – zumindest im Kontext der letzten Zeit – doch eine neue Qualität. Ausländer genossen im Gegensatz zu inländischen Oppositionellen oftmals viele Freiheiten. Sicher gab es kontinuierliche Versuche, unliebsame Berichterstattungen zu verhindern; Reisen in die Unruhegebiete Urumqi waren für Diplomaten wie Journalisten in der Krise 2009 fast selbstverständlich untersagt worden. Ein derartiges, offenbar staatlich geplantes und authorisiertes physisches Vorgehen gegen westlich-ausländische Korrespondenten wie heute wäre jedoch nicht denkbar gewesen.
Die Angst vor einer Vorbildwirkung der Proteste in der arabischen Welt scheint das chinesische System in einer Weise zu bedrohen, die nunmehr sogar jegliche Rücksicht auf die Befindlichkeiten “westlicher Partner” obsolet macht.
Zeigen diese Ereignisse die Impotenz westlicher Außenpolitik im Angesicht des immensen Anstiegs der wirtschaftlichen Bedeutung Chinas? Wie kann, sollte und wird die “westliche Wertegemeinschaft” auf diese Entwicklungen reagieren?
Alexander Pyka