Global geht nur regional: Indonesien auf der Weltbühne

Global geht nur regional: Indonesien auf der Weltbühne

„Bebas dan aktif“, unabhängig und aktiv soll die indonesische Außenpolitik sein – das Leitbild prägt die internationale Rolle des Landes seit der Unabhängigkeit. Während der Langzeit-Autokrat Suharto und seine Nachfolger die Doktrin in erster Linie regional auslegten, gilt sie seit der Wahl Susilo Bambang Yudhoyonos zum Präsidenten im Jahr 2004 zunehmend auch auf globaler Ebene.

Unter Yodhoyono drängt Indonesien in die Kreise der wichtigsten Akteure der Weltpolitik, und das mit einigem Erfolg.

Sichtbar ist das vor allem in den G20, wo Indonesien mit Vorstößen zur Reform der internationalen Finanzinstitutionen, zum Klimaschutz und zur Einrichtung eines Ausgabenunterstützungsfonds für Entwicklungs- und Schwellenländer Initiative zeigte. Auch der Ausbau bilateraler Beziehungen mit zentralen Akteuren wie Indien, China, den USA und der EU spricht für eine neue globale Rolle Indonesiens. Klassische entwicklungspolitische Geber-Nehmer-Strukturen werden dabei zunehmend zugunsten umfassender handels-, finanz- und sicherheitspolitischer Kooperationen überwunden.

Einigen Stimmen im Inneren des Landes gehen diese Entwicklungen noch nicht weit genug. So fordert der einflussreiche politische Analyst Rizal Sukma, Indonesien müsse sich aus der Umklammerung der ASEAN befreien, deren Integration nur langsam voranschreitet, um global noch eigenständiger nationale Interessen durchzusetzen – Hybris oder berechtigter Gestaltungsanspruch?

Ein Blick auf die Grundlagen der globalen Ambitionen Indonesiens zeigt, dass das materielle Machtfundament eher schwach ist. Das Militär ist schlecht ausgestattet und kaum in der Lage, eigenständig das große Archipel zu schützen. Das stabile Wachstum der Volkswirtschaft geht zum Großteil auf steigende Rohstoffpreise zurück, die Wettbewerbsfähigkeit leidet unter einer schwachen Infrastruktur. Beim Pro-Kopf-BIP liegt das Land im ASEAN-Vergleich nur an fünfter Stelle. Politisch ist die größte muslimisch geprägte Demokratie der Welt zwar auf einem guten Weg, doch Fundamentalismus, Terrorismus und ein vergessener Bürgerkrieg in West-Papua zeugen von gesellschaftlichen Spannungen und bleiben eine Quelle der Instabilität.

Worauf gründet sich dann die globale Rolle Indonesiens? Es ist vor allem das Image als Repräsentant der Entwicklungs- und Schwellenländer und als Zugpferd der südostasiatischen Integration, das das Land als Partner so attraktiv macht. Das zeigt das Beispiel der EU: Da der Dialog mit ASEAN ins Stocken geraten ist, sucht die EU nun Zugang zur Region durch bilaterale Beziehungen zu Jakarta, wie die Vereinbarung einer umfassenden Partnerschaft im Jahr 2009 zeigt. Ein darauf aufbauendes Freihandelsabkommen, wie es bereits diskutiert wird, könnte zu einem wichtigen Baustein für ein EU-ASEAN-Abkommen werden. Zudem dient Indonesien als wichtiger Ansprechpartner, wenn die EU in multilateralen Verhandlungen – Stichwort Klima – Koalitionen mit den Entwicklungsländern schmieden will.

Diese Identität als Brückenkopf nach Südostasien und zu den Entwicklungsländern wird jedoch nicht bedingungslos anerkannt. Fünf ASEAN-Staaten sind Mitglied in der Global-Governance-Group, eine Lobby kleiner und mittelgroßer Staaten unter der Führung Singapurs, die regelmäßig an den G20-Gipfeln teilnimmt. Sie sind skeptisch, ob ein global orientiertes Indonesien wirklich ihre Interessen vertritt.

Indonesien muss in der Region fest verankert bleiben, um sich langfristig Legitimität für seine Repräsentationsrolle zu sichern. Nur so wird seine Stimme auf der Weltbühne auch weiterhin gehört werden.

von Kilian Spandler

Der Autor promoviert an der Universität Tübingen im Fach Politikwissenschaft. In seiner Dissertation vergleicht er die Entwicklung regionaler Institutionen in Europa und Südostasien. Bei IFAIR ist er regelmäßiger Autor mit dem Schwerpunkt Ostasien.

Dieser Artikel wurde auch im Diplomatischen Magazin veröffentlicht (Juni 2013).

Lies auch die anderen Beiträge zu Indonesiens regionaler und globaler Rolle von [Thomas Tartemann] und [Felix Sharief].