Globale Herausforderungen – individuelle Leistungen
Die Weltgemeinschaft steht aktuell vor enormen Herausforderungen. 2015 laufen die Millenniumsentwicklungsziele aus, und wenn man sich die ehrgeizigen Ziele, die vor 15 Jahren formuliert wurden, genauer anschaut, wird klar, dass noch viel getan werden muss. Bis zum Ende des Jahres werden wir nicht alle der Hoffnungen, Wünsche und Pläne, die in den Millenniumzielen steckten, erreichen können. Ungeachtet der erheblichen Fortschritte liegt es auf der Hand, dass weitere Anstrengungen für die Förderung einer raschen, nachhaltigen Entwicklung nötig sind.
Während führende Politiker abermals alle Kräfte mobilisieren, um eine Post-2015-Entwicklungsagenda zu erstellen, die die Welt erneut verändern soll, verliert man leicht den Überblick darüber, wer diese Bemühungen vorantreibt und wer sich für einen positiven Wandel einsetzt. Ist es die UN, sind es einzelne Nationen? Im Endeffekt setzt sich jede Gruppe aus Akteuren des Wandels – von den Vereinten Nationen bis zum lokalen Fair-Trade-Shop – aus individuell handelnden Mitwirkenden zusammen. Auch die UN ist kein eigenständig handelndes Gebilde, sondern besteht aus Einzelpersonen, die vereint handeln. Auch der Fair-Trade-Shop um die Ecke funktioniert nicht aus eigener Kraft, sondern dank einer Gruppe engagierter Menschen, die Entwicklungen vorantreiben.
Wer positive Veränderungen herbeiführen möchte, muss die zentrale Bedeutung von einzelnen Akteuren anerkennen. Diese übernehmen eine Schlüsselrolle beim Schaffen eines positiven Wandels, einer ergebnisliefernden Post-2015-Entwicklungsagenda und einer glänzenden Zukunft für die Menschheit. Solange viele von uns die Herausforderungen, denen wir als Gemeinschaft gegenüberstehen, ignorieren, solange viele von uns bei Änderungen, die nur gemeinschaftlich umgesetzt werden können, untätig bleiben und solange viele von uns sich nicht für einen positiven Wandel in unseren Gesellschaften einsetzen, suchen wir vergeblich nach Lösungen für den Hunger in der Welt, für die Abschaffung von ökologisch nicht-nachhaltigen Praktiken und Entwicklungsherausforderungen im Allgemeinen.
Doch wie bekommt man einzelne Akteure dazu, ihre Schlüsselrolle zu erkennenden und den Wandel maßgeblich zu gestalten? So sehr sich die individuellen Mitwirkenden unterscheiden, so differenziert müssen die Herangehensweisen sein, um diese für die Agenda für den Wandel zusammenzubringen. Ich selbst unterstütze einen Ansatz sehr aktiv: Ich bin Mitbegründerin der non-profit-Organisation „be.boosted“. Sie hat die Vision, junge Leute mit jenen Fähigkeiten auszustatten, die sie brauchen, um mit Blick auf die globalen Herausforderungen Verantwortung zu übernehmen. Wir bringen über Modell-UN-Aktivitäten junge Menschen dazu, sich für den Wandel einzusetzen. Sie schlüpfen in Simulationen, in denen die Arbeit der Vereinten Nationen nachgestellt wird, in die Rolle von Diplomaten.
Diese Aktion ist mehr als nur eine „Trockenübung“ bei der es darum geht, Interesse für aktuelle Themen zu wecken und Aufmerksamkeit auf die großen Fragen unserer Zeit zu lenken. Die jungen Leute lernen neue Möglichkeiten, sich einzubringen. Um Antworten auf diese Fragen zu finden, nutzen wir Simulationen als Werkzeug, um die Fähigkeiten zu erlernen, mit denen man Verantwortung für positiven Wandel übernehmen kann. Schließlich muss selbst die beste Entwicklungsagenda erst verhandelt und beworben werden, um Unterstützung von jenen Personen zu bekommen, die für die Umsetzung entscheidend sind. Nur mithilfe von qualifizierten individuellen Akteuren lassen sich die besten Beschlüsse in die Tat umsetzen. Indem junge Leute in die Fußstapfen von Führungspersönlichkeiten von heute treten, können die Entscheider der Zukunft die Fähigkeiten und Einstellungen erreichen, die sie brauchen, um wirklich die Führungspersönlichkeiten von morgen zu sein – ob in ihrer Nachbarschaft, in ihrem eigenen Fair-Trade Shop, oder in internationalen Unternehmen, Gemeinschaften oder Organisationen. Wenn wir die Augen offen halten und jene Gelegenheiten ergreifen, die jungen Führungskräften ermöglichen zu wachsen, nimmt auch die Wahrscheinlichkeit zu, dass die nächsten Entwicklungsziele erreicht werden. Wer die Jugend unterstützt, zu jungen Führungskräften heranzuwachsen, der erhöht auch die Chancen, globale Herausforderungen zu bewältigen.
Der Artikel ist Bestandteil von IFAIR’s Kooperation mit dem Diplomatischen Magazin und erschien dort zuerst in der Ausgabe 07/2015.