Für die Transatlantischen Beziehungen besteht noch Hoffnung

Für die Transatlantischen Beziehungen besteht noch Hoffnung

Seit dem Ersten Weltkrieg dient die Beziehung zwischen den USA und Europa als eine Garantie für Frieden und Wohlstand. Sie basiert auf den geteilten Werten der Demokratie und Menschenrechten und ist in ein System multilateraler Organisationen und zuverlässiger Allianzen verankert. Zwar repräsentiert diese Beziehung weiterhin eine wichtige Säule der liberalen internationalen Werteordnung, in den letzten Jahren hat sich jedoch ein Riss im Image bemerkbar gemacht. Obwohl die transatlantische Beziehung nie ganz ohne Spannungen bestand, haben jüngste Entwicklungen in bedeutenden Kooperationsbereichen sowie strukturelle Abweichungen die grundlegende Natur dieser Krise offenbart.

Die transatlantische Gemeinschaft steht vor vielen Herausforderungen, wie zum Beispiel die zunehmenden Spannungen mit Russland, eine ungewisse Zukunft für die nukleare Rüstungskontrolle, laufende Reibereien im Handelsbereich und der wachsende Populismus auf beiden Seiten des Atlantiks. Diese Entwicklungen setzen nicht nur die transatlantische Beziehung unter Druck, sondern schaffen auch eine politische Instabilität, die durch die Rhetorik und Politik der aktuellen US-Regierung noch verstärkt wird. Die USA, die einst das Herz der liberalen internationalen Ordnung war, wird jetzt von einem Präsidenten repräsentiert, der illiberale Politiker offen unterstützt und einen zunehmend geschäftlichen Ansatz zur Außenpolitik verfolgt, indem er auf multilaterale kooperative Strukturen verzichtet und stattdessen die globale Ordnung ausschließlich als einen strategischen Wettbewerb sieht.

Die Beziehung neu definieren

Obwohl es so aussehen mag, als hätten sich die transatlantischen Partner mehr voneinander entfernt als je zuvor, bleibt die grundlegende Annahme erhalten, dass die Beziehung USA-Europa sehr wichtig für beide Seiten ist. Beide sind nicht nur die wichtigsten Handelspartner füreinander, die EU – als größte Wirtschaft der Welt – bleibt auch der größte Investor in den USA. Unabhängig von wirtschaftlichen Faktoren teilen beide Seiten weiterhin gemeinsame außenpolitische Interessen wie die Gewährleistung der strategischen Stabilität, die Anpassung an neue Sicherheitsrisiken im virtuellen Raum, Terrorbekämpfung sowie die Beendigung regionaler Konflikte. Trotz der aktuellen Überzeugungen der US-Administration bleiben effektive Antworten auf solche globalen Bedrohungen eine gemeinsame Aufgabe, die auch der Unterstützung von Verbündeten bedarf, die aus US-amerikanischer Sicht zumeist in Europa zu finden sind.

Da einige der Herausforderungen struktureller Natur sind, stellt die Rückkehr zu alten Mustern keine nachhaltige Option dar. Das bedeutet, dass eine Stärkung der Beziehung eine Neudefinierung erfordert. Internationale Organisationen, die eine wichtige Rolle im Zusammenhalt der transatlantischen Partner gespielt haben, sollten auch in Zukunft im Zentrum der transatlantischen Zusammenarbeit liegen. Um einen systematischen Rahmen für einen kontinuierlichen Dialog zu erhalten, könnte es letztendlich vorteilhaft sein, Entscheidungsfindungen zu erleichtern und bestimmte Strukturen zu überprüfen, wie es derzeit die EU mit dem Streitbeilegungsgremium der WTO vormacht. Aus sicherheitspolitischer Sicht zwingen veränderte strategische Rahmenbedingungen und sinkendes Vertrauen die EU dazu, ein zunehmend autonomer Akteur zu werden. Die Stärkung der Fähigkeiten auf operativer Ebene bei gleichzeitiger Wahrung des Gleichgewichts zwischen der EU und der Nato wird von entscheidender Bedeutung sein. Diese Veränderungen sollten mit dem qualitativen Ziel verfolgt werden, Europa zu einem autarken und zuverlässigen militärischen Partner zu formen und so die zunehmenden Spannungen beim Thema Lastenteilung zu verringern.

Europa muss neue Verantwortungen übernehmen, die Errungenschaften der Demokratie und des Multilateralismus trotz populistischer Kräfte aktiv bewahren und als Hüter der Werte und Institutionen der transatlantischen Beziehung agieren. Um das zu schaffen, müssen alle Schichten der Gesellschaft einbezogen werden. Obwohl die transatlantische Kooperation auch in naher Zukunft eine Herausforderung darstellt, sind die historischen, kulturellen und wirtschaftlichen Bindungen zu stark, als dass sich die Beziehung vollständig auflösen könnte.

Dieser Artikel ist zuerst auf der Website des Diplomatischen Magazins erschienen, Ausgabe 08/2019: Für die Transatlantischen Beziehungen besteht noch Hoffnung.