Wahlen in Myanmar – als Beobachter in Yangon mittendrin

Wahlen in Myanmar – als Beobachter in Yangon mittendrin

Pünktlich zum Sonnenaufgang um 6 Uhr öffneten die Wahllokale in Yangon ihre Türen. Am 8. November 2015 waren über 33 Millionen Wähler im südostasiatischen Myanmar (ehemals Birma) aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Es sollten die ersten fairen und freien Wahlen seit 25 Jahren werden, hatten einheimische und internationale Beobachter im Vorfeld gehofft. Entsprechend groß war das Interesse an diesem Ereignis. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes hatte die Regierung internationale Beobachter aus der EU und den USA zugelassen, zu denen ich als Teil der Delegation der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit gehörte.

Beeindruckende Vorbereitung

Um 5 Uhr begann der Tag mit der Fahrt zum ersten Wahllokal in einer Schule. Es war beeindruckend zu sehen, dass bereits so zeitig alles bestens vorbereitet war und die Wahlhelfer auf ihren Plätzen saßen, wo sie auf den Beginn der Wahl warteten. Bereits eine halbe Stunde vor Wahlbeginn standen die ersten 30 Wähler vor der Schule. Eine Schlange, die bis 6 Uhr noch auf gut 50 bis 60 Personen anwachsen würde.

Danach ging es zu einer Grundschule, in der sich das Wahllokal befand, in dem Aung San Suu Kyi, die von vielen nur „die Lady“ oder auch „Mutter der Nation“ genannt wird, wählen gehen sollte. Die Schule war von Medienvertretern regelrecht belagert, was für die „normalen“ Wähler dieses Wahllokals den Zugang schwierig gestaltete. Gegen 8.45 Uhr kam die Oppositionsführerin am Eingang vorgefahren, gab keine Statements ab und fuhr nach wenigen Minuten im Wahllokal wieder davon.

Nach diesem wahrscheinlich international am meisten beachteten Wahllokal ging es zu einer anderen Schule. Auf dem Schulhof standen in der glühenden Mittagssonne knapp 300 Menschen in einer Warteschlange vor dem Wahllokal, um ihre Stimme abgeben zu können. Wähler, die das Wahllokal verließen, berichteten von etwa zwei Stunden Wartezeit. Aber sie waren glücklich, ihre Stimme abgegeben zu haben und zeigten stolz den kleinen Finger, der als Zeichen, dass man schon gewählt hat, mit blauer Tinte markiert wurde.

Diese langen Schlangen sind keine Ausnahme gewesen. Dementsprechend hoch war auch die Wahlbeteiligung, die bei über 80 Prozent lag. Die besuchten Wahllokale entsprachen den internationalen Anforderungen für freie und faire Wahlen. Es gab freien Zugang, genügend Stimmzettel und ausreichend Kabinen, um geheim abstimmen zu können.

Zur Beobachtung der Stimmenauszählung ging es nach Schließung der Wahllokale um 16 Uhr wieder zurück zum ersten Wahllokal, wo direkt zu Beginn der Strom ausfiel. Nachdem der Generator angeworfen war, ging es an die Auszählung der Stimmen. Die National League for Democracy (NLD), der Partei von Aung San Suu Kyi lag hier ganz klar vorn.

Deutlicher Sieg der Oppositionspartei wurde erwartet

Im Vorfeld wurde ein deutlicher Sieg der Oppositionspartei erwartet, die schon bei den letzten freien Wahlen 1990 gewonnen hatte. Somit feierte vor der Zentrale der NLD eine Menschenmenge den eindeutigen Sieg. Allerdings wird die Friedensnobelpreisträgerin nicht Präsidentin werden können, da ihre Söhne die britische Staatsbürgerschaft haben und die Verfassung sie damit vom Amt ausschließt. Dennoch ist anzunehmen, dass Suu Kyi die nächste Regierung bestimmen wird und möglicherweise das sehr einflussreiche Amt der Parlamentssprecherin übernimmt. Damit sieht bisher alles nach einem geordneten Übergang der Macht und einer Anerkennung des Wahlergebnisses durch das Militär, welches weiterhin per Verfassung 25 Prozent der Sitze im Parlament erhält, aus. Es bleibt zu hoffen, dass der positive Weg des Landes, den das Militär 2010 selbst eingeleitet hat, so erfreulich weiter beschritten wird. Die Präsidentschaftswahlen werden wohl im Februar 2016 stattfinden.

Der Artikel ist Bestandteil von IFAIR’s Kooperation mit dem Diplomatischen Magazin und erschien dort zuerst in der Ausgabe 01/2016.

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